Ist New Work die neueste Masche euch etwas zu verkaufen?

Könnten wir so annehmen. Tagtäglich kommen Berater, Coaching, Agenturen und viele Menschen die mit New Work werben. Die nächste Sau wird durch das Dorf getrieben. Digitalisierung, New Work, Agiles Arbeiten und Arbeit 4.0 sind alles Begriffe die immer weiter verwässern und an Produktangebote geknüpft werden. Da liest man ein paar Zeilen und irgendwann kommt der CTA, ich gebe meine E-Mail-Adresse an und bekomme ab dann Newsletter die eher Produktkatalogen entsprechen. Statt mich mit einem (vormals) interessantem Thema zu beschäftigen habe ich plötzlich mehr E-Mails und irgendwann weiß ich nicht mehr wo die herkamen. Statt Mehrwert habe ich Mehrarbeit.

Auf diese und ähnliche Art und Weise verhält es sich auch mit Veränderungen im Unternehmen. Vor allem zugekauften Veränderungen. Hier verspricht die magische Software X dort Zeit zu sparen, dort die Hardware Y die Arbeit zu erleichtern und da die Methode Z, die uns zum Vorreiter macht. Nach spätestens einem Jahr bleibt das Abo, aber der Mehrwert ist vergessen. New Work ist was die Menschen wirklich, wirklich wollen und nicht die nächste Lösung aus der Retorte.

Digitalisierung und New Work

Da haben wir auch die Verbindung zu einem aktuellem Artikel von Brand Eins: „Arbeiten wie ich wirklich, wirklich will.“. Vera Starker (vom Thinktank „Next Work Innovation“) beschreibt so, dass wir einer Studie zufolge 3 volle Arbeitstage im Monat durch Unterbrechungen verlieren! Genau hier haben wir wieder Mehrarbeit statt Mehrwert.

Die Studie geht sogar noch weiter und sagt, je höher der Digitalisierungsgrad, umso höher der Streß. An der Stelle möchte ich einmal aus dem Artikel zitieren:

Das bestätigt unsere Vermutung, dass viele Unternehmen Tools nur sammeln, statt sie klug einzusetzen. Sie satteln immer weiter auf mit dem Heilsversprechen, dies allein löse Probleme.

Nicht nur eine Vielzahl an Werkzeugen, auch Multitasking verlangsamt uns und die Art der Störung ist gar nicht so entscheidend. Die Kollegin in der Tür, ein Anruf, 5 aufpoppende Nachrichten zur geplanten Party oder Slack/Teams/dein Chatwerkzeug der Wahl. Während Corona sind Zeitrahmen für Online-Meetings rasant angestiegen. Vielleicht haben viele Unternehmen diese Menge beibehalten oder nur leicht reduziert und nun kommen noch ein paar Treffen im physischen Büro oben drauf.

Auch mobiles Office und Büro wird viel zu schwarz weiß betrachtet. Was möchten die Menschen im Unternehmen? Wieso sollen introvertierte Menschen in einen Raum mit anderen Menschen gesperrt werden? Habt ihr wirklich die Leute im Unternehmen befragt? – Wir haben es:

Bei uns haben sich, wie wahrscheinlich bei der Mehrheit der Unternehmen, dank Corona, mehr interne Projekte und enthusiastisch erstellte Meetings immer weiter im Kalender angehäuft. Das zusätzlich zum Tagesgeschäft.  Wir haben dann festgestellt und geübt, wie einfach es ist, die vorgegebene Zeit eines Meetings als komplette Mannschaft vollends auszukosten, selbst wenn das Thema schon geklärt war. Das ist und war nicht optimal. Wir haben alle Meetings auf den Prüfstand gelegt. Das Ergebnis ist heute ein kurzes Montags-Check-In und monatliche Retrospektiven. Alle anderen Meetings dürfen mit dem Gesetz der zwei Füße (auch virtuell) einfach und ohne Angabe von Gründen verlassen werden wenn es nicht zielführend für die eigenen Aufgaben ist oder man nichts beizutragen hat.

Eigenverantwortung bei New Work

Immer mal wieder höre ich in Gesprächen: „Hoffentlich sieht mich niemand wenn ich während der Arbeit spazieren gehe/jogge/koche.“ oder etwas in der Art. Wenn diese  Unternehmung direkt auf die Kreativität und Effektivität einzahlt, dann ist es die aufgewendete Zeit wert. Wir sind doch Menschen. Und bei New Work geht es eben darum zu fragen was die Menschen im Unternehmen wirklich wollen. Die einen möchten vielleicht wirklich einen Obstkorb, die anderen möchten wirklich nur in einer ruhigen Atmosphäre ihrer Arbeit nachgehen. In jedem Fall muss man auf sich selbst achten.

Auf der anderen Seite sollten auch Führungskräfte dabei unterstützen, dass sich niemand übernimmt oder zu viel Zeit aufbringt. Burnouts nützen niemandem. Studien haben gezeigt das Menschen im Home Office oft mehr Zeit und Energie aufwenden, das gilt es zu balancieren und zu vermeiden. Auch hier möchte ich wieder den Artikel zitieren:

Eine Führungskraft muss kritisieren können, wenn jemand seine Pausen nicht nimmt, und Kritik üben, wenn jemand ständig Überstunden macht. Sie muss auch Multitasking verhindern – einfach weil sie weiß, dass das nur Energie verbraucht, aber keine neue erzeugt. […] Genau das aber ist die Herausforderung von New Work: Es verlangt, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und den eigenen Tag so zu organisieren, dass ich selbstwirksam sein kann.

Nochmal ein kurzer Schwenk zu den Meetings. Die Meetings die bei uns übrig blieben, werden weiter überprüft und immer mal wieder hinterfragt. Heute überschreiten wir selten den Zeitrahmen und freuen uns, wenn die Zeit unterboten wird und somit Zeit für andere Aufgaben frei wird. Wenn diese gewonnene Zeit für ein Tischkickermatch genutzt wird, dann ist das eben so.

Digitalisierung soll auf den Menschen einzahlen

Die Digitalisierung kann uns enorm dabei helfen besser und nach eigener Vorstellung zu arbeiten. Gerade repetitive Vorgänge müssen, ja sollten digitalisiert werden. Langweilige Gleichförmigkeit ist nicht in der Natur unseres Gehirns. Hier können wir mehr Zeit zur Konzentration und zur Kreativität freischaufeln. Eben mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten. Auch hier darf eine Anekdote aus unserer Arbeitswelt nicht fehlen:

Unser Marcus Putschli unterstützt gerade dabei den Buchhaltungsprozess durchzuarbeiten. Durch das eigene Erleben dieser Tätigkeiten hat sich ein Ehrgeiz festgesetzt der am liebsten ALLES auf dieser Ebene digitalisieren und automatisieren möchte! Wieso machen so viele Menschen dort Roboterarbeit?

Der richtige Kanal zur richtigen Zeit hilft ebenso Störungen zu vermeiden. Für dringende Dinge haben wir spezielle Microsoft Teams Gruppen. Falls jemand krank oder nicht verfügbar ist, können wir so den Überblick behalten. Für wichtige Dinge haben wir ein Dokumentenmanagementsystem (M-Files®) im Einsatz, so dass jeder auch zu jeder Zeit die aktuellste Version eines Dokumentes zu Händen hat. Egal wo wir uns befinden.

Oft sind bestimmte Situationen auch nicht so dringlich das sie sofort Beachtung brauchen. Tatsächlich sind wir uns gewahr wie jemand im Moment eingespannt ist und nutzen so oft einen Weg der zu weniger Störung führt. Es wird nicht erwartet das auf eine Chatnachricht sofort geantwortet wird, aber wenn diese dann beantwortet wird und beide miteinander schreiben klärt ein kurzes Telefonat oder Videotelefonat den Umstand wahrscheinlich noch schneller.

„Arbeiten, wie ich wirklich, wirklich will.“ – Vera Starker

Wie also weiter mit New Work?

Die wertschöpfende Arbeit leidet mitunter. Zusätzliche Schulungen, neue Produkten, neue Software und der xte Veränderungsprozess sind oft nicht zuträglich aber manchmal nötig. Im Kern geht es darum die Menschen im Unternehmen zu fragen. Wenn es um die Anzahl der Werkzeuge und Mittel geht, gilt für uns meist so wenig wie möglich, so viel wie nötig. In jedem Falle sollte man weiter beobachten und fragen wo Zeitfresser liegen und Hindernisse aus dem Weg räumen. Die richtigen Fragen stellen. Mit Menschen sprechen, vor allem mit den Akteuren, die das Problem direkt bei ihrer Arbeit wahrnehmen.

Hierarchien auflösen, Mitbestimmung zulassen, Diversität, Flexibilität und Vertrauen sind Stellschrauben an denen jedes Unternehmen arbeiten kann und New Work so für sich nutzen können. Einige, wenn nicht sogar alle dieser Punkte lassen wir in die Zusammenarbeit mit Kunden und bei Partnern einfließen und so würden wir uns freuen noch mehr Unternehmen kennenzulernen, die auch New Work leben.

Published On: Dezember 7, 2022Categories: Tipps

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